Friedhelms Nachdenklichkeiten

Friedhelm ist ein nachdenklicher und humorvoller Freund aus frühen Zeiten. Schon lange ist es für ihn eine Liebe, Gedanken über Sinn, Gefühle und alles, was das Leben so bietet, in Texte zu fassen.

Unter anderem kam dabei sein Buch heraus: „Niederrhein Blues“.

Seitdem hat er eine Menge weiterer Nachdenklichkeiten digital „zu Papier“ gebracht.

Auf dieser Seite soll Platz sein, einige davon zu veröffentlichen.

Viel Freude beim Lesen!

Und Dir beim Schreiben, lieber Friedhelm

 

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Rentnertage 30.10.18

Der Morgen hatte meditativ im Bett angefangen und auch kurze Zeit später seinen Höhepunkt im Aufstehen erreicht. Ich stand unter der Dusche und sortierte die Wasserstrahlen nach ihrer Herkunft. Jeder Tropfen war einmal reines Regenwasser, versickerte irgendwo und kam jetzt leicht erwärmt oben aus meinen Duschkopf heraus.

Natürlich bestanden die Duschwasserstrahlen aus einer Mischung aus Multikulti-Wasser, verstanden sich allerdings prächtig und waren voll integriert.

Ein Wunder der Welt, unterstützt vom menschlichen Erfindungsreichtum.

Wahrscheinlich eines der größten Wunder der Zivilisation.

Ich wurde bestens erfrischt und konnte nun meinen mir selbst auferlegten Aufgaben des Tages nachgehen.

Unter anderem fuhr ich mit meinem Radl in die Stadt, um die Einwohner von Kempen besser beobachten zu können. Nicht dass das nicht auch aus einem Fenster in meinem Haus gegangen wäre, aber mitten im Puls einer Kleinstadt waren die Beobachtungsmöglichkeiten einfach vielfältiger. Allerdings weniger Multikulti.

An so einem Dienstag waren hier bei uns viele Menschen auf der Straße, da hier dann auch so eine Art Wochenmarkt stattfindet.

Mir persönlich fielen in einem Park zwei etwas außerirdisch wirkende Männer besonders auf. Sie trugen zunächst einmal sogenannte Warnwesten. Entweder sollten sie besser gesehen werden, oder man warnte einfach die Umgebung davor, diesen Herren zu nahe zu treten.

Den Herren zu nahe zu treten und davor zu warnen war mehr als berechtigt.

Ihre Ohren hatten die beiden mit übermäßig großen Kopfhörern von der Außenwelt abgeschirmt. Sie erhielten mit Sicherheit ihre Befehle über eine Art Geheimfunk von einer weit entfernten Zentrale über diese Kopfhörer.

Dazu kam noch,dass beide mit einen Riesen-Penis, den sie in beiden Händen halten mussten, ausgestattet waren. Zumindest sah das Gerät, was auch noch einen Höllenlärm machte, wie ein Phallus von der Seite gesehen aus.

Aber bei genaueren Hinsehen, konnte ich feststellen, dass nichts als Luft aus einem Rohr von einer Länge von ca. einem Meter heraustrat oder besser gesagt geblasen wurde. Nun ich erkannte das die beiden Herren keineswegs Außerirdische waren, sonder mit Laubbläsern ausgestattet Straßenkehrer, die Besen und Rechen gegen eine neue Waffe getauscht hatten.

Nach Ihrer Gangart zu urteilen, waren beide in dem Modus vom Terminator und scheuchten mit ihren Superknarren die Blätter des Herbstes von sich her.

Was für ein Anblick. Beide hatten den Schwenkmodus scheinbar richtig einstudiert und bliesen halbkreisförmige Flächen von unserem Stadtrasen frei.

Kein Laub, kein Insekt, kein Samenteil hatte ein Chance gegen diese aufgeblasenen Ersatz Terminatoren.

Die Dinge wurden durch einen Benzinmotor angetrieben und bliesen somit auch jede Menge Abgase in die Umgebung. Da es lange nicht geregnet hatte, entstand eine sogenannte Feinstaubwand. Die Mitarbeiter der Stadt hatten sich durch einen Mundschutz vor all diesen Umweltgiften geschützt. Zusätzlich sorgte der Lärm, den die Bläser verursachten, für einen gebührenden Abstand. Selbst ich ging nicht näher als 5 Meter auf die beiden zu, um noch ein paar andere Details erkennen zu können.

Wer hat bloß solche Geräte erfunden? Warum laufen die Herren damit herum und reinigen Rasenflächen vom Laub?

Nun zu Hause habe ich ein bißchen im Internet rumgestöbert. Einen Erfinder für diese Geräte habe ich nicht eindeutig gefunden. Angeblich ist das Arbeiten mit diesen Geräten mehr als 30% produktiver, als die Arbeit mit Rechen und Besen. Der Rasen wird freigeblasen, weil sich dann im nächsten Jahr die Pflanzen besser entwickeln.

Ich habe da so meine Zweifel. Ich glaube eher, dass hier ein Geschäft abgewickelt wird, das eigentlich keinen wirklichen Sinn macht. Laut Internet gib es die Dinger erst seit etwa 1990. Vorher gab es so was nicht und der Rasen ist trotzdem gewachsen.

Nein, es ist wohl die Tatsache, dass Männer immer irgendwas zu spielen brauchen und ihnen das das Gefühl verleiht, Macht zu haben.

Denen blase ich was“.

Du kannst mir mal was blasen“.

Die puste ich weg“.

Ich hoffe dass diese Pusterei sich ausschließlich auf den Herbst beschränkt. Aber selbst da habe ich meine Zweifel. Schließlich wird auch nach und nach der private Gartenbesitzer über die Baumärkte mit entsprechenden Geräten ausgerüstet. Dann geht es auch schon um Größe und Leistung. Der Bläser muss lauter und stärker als der des Nachbarn sein. Schließlich will man sich keine Blöße geben. Her mit den PS.

Wenn es dann kein Laub mehr gibt, kann man sicher auch was anderes wegblasen. Schnee, Blütenstaub, Rasenschnitt und letztlich den eigenen Verstand.

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Rentnertage 26.10.18

Heute war für mich ein Rolladentag. Mancher mag einen Tag mit solchem Namen keinerlei Bedeutung zuordnen. Aber für mich war es ein Tag wie gewickelt.

Aufgewickelt in den Stunden, die an mir vorbei gelaufen und vom leichten herbstlichen Morgengrauen in die späte Abenddämmerung übergegangen sind.

Ja, die Tage werden eindeutig kürzer und die Temperaturen stürzen in die Bereiche, die für diese Jahreszeit normal sind.

Gewickelt war die Zeit in den Gedanken, eine Aufwicklungsmaschine wieder in Ordnung zu bringen; diesen Geistern der Moderne wieder die Ordnung eines geregelten Tagesablaufes beizubringen.

Dazu der Hinweis, dass meine Jalousien über eine Zeitschaltuhr den Ablauf eines Tages mitbestimmen. Ich habe die Abläufe mit der Zeitschaltuhr dem Jalousiengehirn irgendwann einmal eingegeben. Nur hatte der Mechanismus in den letzten Tagen angefangen, erheblich an Präzision zu streiken. Die Jalousien gingen nicht mehr pünktlich in die Stellung meiner Wünsche oder fingen an, überhaupt nicht mehr die Stellung ändern zu wollen.

Zunächst war es nur bei einer Jalousie der Fall, doch die Restlichen fingen in unterschiedlichen Abständen an, sich der ersten streikenden Verdunkelungs-Maschine anzupassen. Ich stand vor ungeahnten Problemen und musste nach Lösungen suchen.

Zunächst suchte mein Gehirn nach den technischen Ursachen. Mir fielen die magischen Fähigkeiten meiner Frau ein, die an einem Morgen nicht nur den eigenen Alarm-Wecker, die Handy-Steuerung, das Heißwassergerät und den Starter ihres Benzin-Fahrzeuges außer Kraft setzte, sondern der es auch noch zusätzlich gelang, zuverlässige Rechner in ihrem Krankenhaus außer Kraft zu setzen. Sollte diese Energie auch die Steuerung der Jalousien durcheinander gebracht haben?

Mit diesen esoterischen Gedanken war ich beschäftigt, doch zunächst habe ich beschlossen den technischen Defekt einfach zu ignorieren. Das hatte zur Folge, dass ich morgens manchmal mehr als 45 Minuten damit beschäftigt, war Licht in meine Behausung herein zu lassen. Das ging mir an die Nerven. Ich machte also mit meinen handwerklichen Fähigkeiten den Rolladenkasten auf, um einen fachmännischen Blick auf die Technik zu werfen. Der Rolladen-Motor war durch eine Stahlröhre bis zu Unkenntlichkeit verdeckt. Ich musste mich also an eine Art Ausbau wagen.

Das schaffte ich auch und konnte voller Stolz das Typenschild des Jalousien-Motor lesen. Ich bin einfach genial.

Das Internet hielt dann auch jede Menge Lösungen für mein Problem bereit.

Mit Hilfe des Typenschildes konnte ich die Firma des Motorenherstellers ermitteln, ich habe mir zusätzlich Videos angesehen und erfahren, was man alles so bei einem Austausch eines Motors beachten muss. Aber am allerwichtigsten war für mich die Info die, was so etwas denn kosten würde!

Mutig habe ich den Hersteller angeschrieben und um ein Angebot für den Austausch von zwei Motoren gebeten. Es hat mich umgehauen, wie teuer eine frei gesteuerte Verdunkelung der eigenen Wohnung kommen würde.

Ich würde für diese Reparatur einen Sonderantrag an meine Rentenkasse stellen müssen, doch ich wusste schon, dass eine Kostenbeteiligung nicht in Frage kommen würde. Mein Beihilfeantrag würde mit tödlicher Sicherheit abgelehnt werden.

Nun lag ich Abend für Abend mit dem Problem in meinem Bett und ärgerte mich darüber, dass so eine banale Funktionsstörung mein Leben so beeinflussen kann. Nein, sie war so übermächtig, dass ich mich fragte „Bin ich noch der Herr meiner Technik, oder beherrscht die Technik mich?“

Mein Sohn ist gekommen und hat sich der Sache angenommen. Wir haben darüber diskutiert, ob ein elektrischer Motor nach zehn oder zwölf Jahren so einfach ausfallen kann und warum das fast gleichzeitig an zwei Motoren passieren kann? Meine Frau lehnte die Vermutung einer esoterischen Zerstörung der Motoren einfach ab. Ihr Auto-Motor sei nach dem vorgenannten Vorfall wieder problemlos angesprungen ist.

Ich entschied mich dafür, einen billigeren Ersatzmotor in einem Baumarkt meiner Wahl zu ersteigern. In der Nacht davor hatte mein Bauchgefühl mir gesagt:“Es liegt nicht am Motor! Es liegt an der Motorsteuerung!“ Doch mein Bauch isst auch gerne Schokolade, obwohl das mir nur bedingt gut tut.

Ich fuhr am nächsten Tag in den Baumarkt und kaufte zwei neue Jalousien-Motoren. Den Rest des Tages verbrachte ich damit, einen dieser Motoren einzubauen. Ich war stolz auf meine Leistung, es mechanisch geschafft zu haben.

Elektrisch traute ich mich noch nicht.

Das machte ich am nächsten Tag und war vom Ergebnis dermaßen enttäuscht, dass ich keinen Schraubenzieher mehr anpacken wollte. Trotzdem habe ich mich am späten Nachmittag dazu überredet, einen einfachen neuen Schalter für die Jalousien im Baumarkt zu kaufen. Dann habe ich einen alten Schalter ausgebaut und das Kabelwirrwarr nach meinem elektrischen Verständnis mit dem neuen Schalter verbunden. Das Ergebnis war verblüffend. Es tat sich überhaupt nichts. Dabei hätte ich mich schon über einen schönen Kurzschluss gefreut.

Nach zwei Tagen Pause ist also heute wieder Rolladen-Tag.

Dank meiner guten Kontakt wird heute ein Kumpel vom Tennis auftauchen um den Fehler zu finden und alles wieder in Gang zu bringen. Ich warte schon auf sein Erscheinen.

Tatsächlich klingelt pünktlich mein Haustürgong und der Retter erscheint.

Leider ist ihm vor meiner Haustür ein kleines Missgeschick passiert. Beim Rückwärtssetzen seines Fahrzeuges hat er ein anderes Fahrzeug leicht getroffen.

Es ist eine junge Dame aus dem Film und Fernseh-Geschäft mit deren Fahrzeug er kurz Bekanntschaft gemacht hat. Da ich die junge Frau noch aus Kindergartenzeiten meiner Tochter kenne, stelle ich mich kurz vor. Das ändert nichts an deren Verlangen, die Polizei den Unfall aufnehmen zu lassen. Mein Retter der Jalousiensteuerung muss also auf die Gesetzes-Hüter warten. Ich koche derweil einen Kaffee.

Die Unfall-Aufnahme dauert so seine Zeit und mein Retter hat auch noch den Führerschein zu Hause und nicht dabei. Das kostet Geld und eine Überprüfung vor Ort, da man die Fahrberechtigung nicht im Computer finden kann.

Ich glaube, die Rollade einschließlich Steuerung hat sich während der Wartezeit köstlich amüsiert. Sie konnte beobachten, wie ich unentschlossen zwischen Küche, Wohnzimmer und Haustür hin und her pendelte und darauf wartete, dass sich alles wieder nur um die Reparatur meiner Rolladensteuerung drehen würde.

Meine Frau kam in der Zwischenzeit nach Hause und nahm meine ganzen Erzählungen ziemlich ungerührt zur Kenntnis.

Dabei war sie mit ziemlicher Sicherheit wirklich der Verursacher des ganzen Chaos, da sich mittlerweile auch die Steuerung der dritten Jalousie in ihrer Funktion verabschiedete.

Ich will alles nicht weiter ausschmücken, denn mein Freund und Retter und ich schafften es tatsächlich nach mehreren Versuchen den Schalter korrekt anzuschließen und der von mir neu eingebaute Rolladen-Motor schnurrte wie ein Kätzchen rauf und runter. Wir hatten den Durchbruch geschafft. Ich dankte meinen Retter, holte im Baumarkt zwei weitere neue Schalter ohne Zeitsteuerung, tauschte einen zu viel gekauften Motor um und habe mich den ganzen Nachmittag mit dem Schalter-Tausch beschäftigt.

Alles funktioniert wieder, obwohl ich oder meine Frau jetzt die Hebe- oder Senkfunktionen durch Tastendruck auslösen müssen. Vorher ging alles automatisch.

Das lässt den Gedanken in mir aufkommen, dass ich mit meiner Zeit jetzt wieder bewusster umgehe. Ich bin gleichzeitig wieder der Herr des Lichtes, weil ich die Wohnung zu der von mir ausgesuchten Zeit dunkel oder hell werden lassen kann ( zumindest wenn es draußen Tag ist). Früher habe ich das zwar einprogrammiert, aber jedesmal, wenn ich was ändern wollte, musste ich mich mit der Bedienungsanleitung der Zeitschaltuhr herumschlagen. Dies bleibt mir ab sofort erspart. Ich drücke nur noch einen Schalter.

Ich bin mächtiger als jede Automatik und zusätzlich stolz darauf, eine Menge Geld gespart zu haben.

Nur mein Freund und Retter tut mir echt leid, der wird neben den 35€ für das Protokoll, auch noch den Schaden am anderen Auto bezahlen müssen.

Morgen läuft übrigens ein Fernsehfilm im ZDF. Da spielt seine Unfallgegnerin die Hauptrollen. Ich weiß nicht, ob ich meinen Freund darauf hinweisen soll, denn der Daumen für die Qualität des Films zeigt glatt nach unten.

 

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Rentnertage 21.10.18

Wieder einmal scheint die Sonne, als wenn sie dafür bezahlt bekäme. Aber es ist bei weitem nicht mehr so warm wie vor ein paar Tagen. Der Herbst hat wohl jetzt doch letztendlich gegen den sogenannten Altweibersommer gewonnen.

Manche denken jetzt mit Schrecken an die kommenden kalten Tage mit Rheumabeschwerden und kalten Frauenfüßen in kalten Betten. Die Decken werden rausgekramt, um sich vor solchen Kälteattacken zu schützen.

Ich bin heute frohen Mutes über die Kempener Platte geradelt und hatte leichte Kälteprobleme im rechten und linken Mittelfinger. Wahrscheinlich bin ich da nicht so gut durchblutet, oder, da die Mittelfinger die längsten sind, müssen sie an dem Lenkergriff die meiste Kälte und den meisten Wind abwehren.

Wenn ich solche Beschwerden bemerke, denke ich kurz darüber nach und lasse die negativen Gedanken, die damit verbunden sind, schnell wieder in die Freiheit.

Dann fällt mir auf, dass viele andere ältere Menschen anderes mit solchen Beschwerden umgehen. Ich bekomme Gesprächsfetzen beim täglichen Einkauf von wildfremden Menschen mit, die sich vor einem Lebensmittelsupermarkt oder in der Fußgängerzone unterhalten.

Die machen sich beim Zuhörer mit ihren Beschwerden und Krankheiten interessant oder bemühen sich um entsprechende Aufmerksamkeit. Der Zuhörer reagiert in seiner Antwort meistens mit einer Steigerung der Beschwerden des anderen, dargestellt an seinem eigenen Körper.

Ich habe mir den dritten unteren Wirbel verdreht, ich kann dir sagen, das sind Schmerzen, die wünscht du deinem ärgsten Feind nicht.“ „Kann ich gut nachvollziehen, das habe ich häufiger, manchmal brauche ich nur zu schnell von der Toilette auf zu stehen und alles erstarrt in mir. Dann könnte ich nur noch um Hilfe schreien.“ „Ja, und Dir hilft ja keiner. Da rennst Du von Arzt zu Arzt, sitzt stundenlang im Wartezimmer und dann kriegst du noch nicht mal eine Schmerzspritze, sondern so Pillen verschrieben.“

Ich bin froh, wenn ich dann nichts mehr höre. Aber trotzdem würde mich interessieren, warum beim Radfahren meine beiden Mittelfinger kalt werden und schlecht durchblutet sind. Hatte ich früher aber bei sehr niedrigen Temperaturen auch schon, trotz Handschuhe und so.

In Verlauf meines Fahrradweges kam ich letztlich auch durch die City von Kempen. Fußgängerzone, bei schönstem Sonnenschein, viele Menschen waren unterwegs und schienen den Sonnentag genießen zu wollen. Zeitweilig hatte ich jedoch den Eindruck, dass viele nur ihre Handys Gassi führen mussten. Ich weiß, dieses Thema ist eigentlich schon so was von ausgelutscht, aber ich habe mir trotzdem auf dem Rückweg mit meinen Fahrrad nach Hause, jede Menge Gedanken gemacht.

Zunächst einmal fällt auf, dass viele Menschen während des Laufens auf zwei Beinen in der Lage sind, auf ihr Handy zu schauen, es mit einer Hand zu halten und zu bedienen, das sind die Profis. Die weniger geschickten halten es mit zwei Händen und bedienen es nur mit einer davon und die Vollprofis quatschen nur noch ihre Befehle oder Nachrichten in das Gerät ohne einen Finger zu krümmen.

Dabei nehmen sie eine Haltung ein, die im ersten Moment daran erinnert, wie wir Menschen von den Bäumen gestiegen sind. Den Kopf nach unten gebeugt, damit die Augen eine gute Übersicht über das Handydisplay haben. Die Arme haben so eine Haltung wie bei den Menschenaffen. Allerdings halten die keine Bananen, sondern eben die eigenen Handys.

Die Leute schaffen es, in der Regel, allen Gefahren der Straße in dieser Haltung auszuweichen. Ich denke mir, so sind wir auch früher über die Steppen Afrikas gelaufen, nur dass unsere Arme wahrscheinlich noch den Boden berührt haben.

Wenn die Evolution die Änderungen in unserem Verhalten, zu gehen, bemerkt, wird sie mit entsprechenden Änderungen im Aufbau des Menschen reagieren.

Vielleicht bekommen wir alle kürzere gelenkigere Arme, damit wir in der Lage sind die Handys in einer guten Position vor unsere Augen zu halten.

Ich stelle mir gerade einen Saurus-Rex vor, wie er mit kleinen Vorderbeinen, ein Smartphone hält und mit seinem riesigen Kopf auf das Display starrt. Sicher hatte er gerade „ Mittagessen“ eingegeben.

Vielleicht erfindet die Industrie aber demnächst einen Handyhalter, den wir wie einen Eisenring um unseren Hals tragen und so das Gerät immer vor Augen haben. Da wir alles mit Spracheingaben steuern, bildet die Evolution die Hände und Arme zurück und schafft neben unserem Handy Augen, das dritte Auge zur Orientierung im Raum.

Das könnte allerdings irgendwann auch überflüssig werden, je mehr wir uns in die virtuelle Welt begeben und fast immer nur schwarze Brillen vor den Augen tragen.

Wir ähneln dann „Dark Father“ aus Star Wars. Vielleicht laufen wir dann alle mit so einem schönen schwarzen Helm durch die Kempener Altstadt.

Hoffentlich dauert diese Entwicklung noch mindestens hundert Jahre, damit ich die scheinbaren Erfolge der menschlichen Entwicklung nicht mehr wahrnehmen muss.

Die Leute, die sich über Ihre Krankheiten definieren sind mir im Moment da leider doch etwas näher.


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Rentnertage 13.10.18
Heute ist mal wieder so ein Tag, der alles sein kann, nichts gewesen ist und doch alles verändert. Irgendwas unklar? Bei mir schon. Ich bin aufgestanden. Ich habe im Bad die Welt verändert und letztlich nichts erreicht.
Das Bad steht noch und alles funktioniert. Die Welt hat sich trotz meiner gedanklichen Veränderungen im normalen Tempo weitergedreht. Es sind keine außergewöhnlichen Erscheinungen beim Zähneputzen aufgetreten und auch die Spülarmatur der Toilette ließ sich normal betätigen.
Jetzt bin ich im Hier und Jetzt und drücke auf die Buchstaben meiner Tastatur.
Die hat zu Anfang ein bißchen gestreikt,  weil sie wohl ihren eigenen Willen weiter entwickeln wollte. Ich habe diese Entwicklung einfach unterdrückt, indem ich alles neu gestartet habe. Der anders Denkende der Tastatur hat sich geschlagen gegeben, und ich kann den Buchstaben wieder meinen Willen aufzwingen.
Das  Universum hat heute Sonne und viel Temperatur geschickt, was für einen Oktobertag relativ ungewöhnlich ist. Am anderen Ende der Welt, tief in Ostdeutschland,  ist meine Tochter von Berlin nach Brandenburg umgezogen.
Der Möbelwagen hat ihre Zukunft in die Provinz getragen und alles Leben, was nach ihrer Meinung außerhalb der Normalität liegt, mitgenommen.
Ich frage mich was Normalität ist, sein kann,  oder einmal sein wird? Für jeden von uns sind diese Begriffe so unterschiedlich wie das Wetter im Out-Back oder in London. Letztlich ist alles durchwachsen. Normalität ist das Empfinden eines Lichtstrahls, der immer in die gleiche Richtung zeigt und allen Hindernissen scheinbar ausweicht. Er scheint alles Außergewöhnliche mit seinem Licht aus immer der selben Richtung ins Normale zu transportieren. 
Selber weiß er nicht, was das Normale ist und ob er nicht selber so normal ist, dass alles Außergewöhnliche so normal ist wie er selbst.
Frage mich nicht….ich habe es selber nicht verstanden.
Jedenfalls war heute echtes Rentner-Wetter mit vielen Überbelichtungen für den Monat Oktober. Das erlaubt im Licht der Sonne jede Menge neuer Erkenntnisse, zumal diese Monatstage des Jahres immer relativ unterbelichtet sind.
Ich habe also viel Neues für diese Jahreszeit gesehen, teilweise auch gerochen oder mit dem Tast-Gefühl meiner Hände und meiner Gesichts-Haut wahrnehmen dürfen. Es war sehr sonnig, warm und auch sehr windig. Ich glaube Morgen muss ich mir meine Gesichtscreme auftragen, damit nicht die Sonne meine Haut verfärbt oder raue Furchen in mich hinein gräbt. In Alter werde ich eitel.
In der hellen Mittagssonne habe ich heute in einem Buch weitergelesen, das mich eigentlich nur mäßig anregt. Das Einzige, was mich fesselt, ist die Erkenntnis, daß man sich selbst verrückt machen kann. Verrückt, also außerhalb seines eigenen Geistes sein. Eben verrückt.
Manchmal habe ich bei mir den Eindruck, daß genau das geschieht wenn ich zur Ruhe komme. Ich habe dann jede Menge Vorstellungen von der Welt, vom Leben als solches und vor allem von meiner Rolle darin.
Die Überlegungen reichen von der einfachen Frage: „ Was soll ich hier?“ bis zu der Frage: „Warum bin ich hier?“.
Ich könnte ja auch freiwillig hier sein, oder ganz wo Anderes. Das macht mich nachdenklich und ich frage mich: „Warum?“ oder einfach:“Was soll es?“
Wenn ich dann eine Antwort gefunden habe, fange ich an das Essen zu kochen, mache eine Flasche Wein auf und schaue auf den Wind, die Sonne und das Leben. Im Hier und Jetzt fühle ich dann wieder sicher und freue mich auf das Fußball-Länderspiel Niederlande-Deutschland. Die Realität hat mich wieder eingefangen.
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Rentnertage 12.10.18
Es gab im Universum einen erheblichen unwiderruflichen Widerhall von allem, was ist oder je gewesen ist. Ich erkannte diese Wirklichkeit, nachdem ich heute bei einem schönen Wetterhoch in meinem Garten saß und überlegt hatte, eine Falsche Rotwein zu öffnen. 
Leider kann mir jemand zuvor und hatte eine helle Freude an dem roten Getränk, zeigte mir auch noch seine Begeisterung, indem er eine tiefen Schluck aus dem Glas nahm und mich anstrahlte. Na, ja, da hatte jemand das Wochenende eingeläutet. Ich bin meistens ein großzügiger Mensch und gönnte meinem Mitmenschen alles Gute und von Herzen.
Es stellte sich für mich nur die Frage, was sollte ich mit so viel Lebensfreude und Wochenendstimmung in mir damit anfangen. Wollte ich es, dass mich diese Freude auch erreichte und ich damit ein Stück weit gehen konnte? Ich hatte ja eigentlich immer Wochenende?!
Diese Frage traf mich mal wieder ohne Ankündigung, und ich überlegte, ob das Universum nicht eigentlich immer offen war und es dort kein Wochenende geben würde? Aber der Herr hat sich bei der Erschaffung der Welt an einem Tag ausgeruht. Das kenne ich aus meiner Erziehung, und es zieht sich durch in all meinen Adern, Gefühlen und Empfindungen. So habe ich auch in meinem kurzen Leben alle Gefühle der Feiertage mit einem Freihaben verbunden. Das ist auch jetzt noch so. Ich habe immer frei, doch Samstags und Sonntags bin ich freier.
Das ist total bekloppt. Das entspricht überhaupt nicht der Realität. Aber es ist so. Alle Rentner planen ihre Termine am Wochenende, um das Wochenende herum, nutzen Brückentage und bleiben so ihren Ritualen aus der Arbeitszeit eng verbunden,
Frage ich einem Rentner ob er in der Woche Zeit hat, muß er in seinen Timer schauen und Termine für Fuß-und Nagelpflege, Haarschneiden, Altersmaske, Thai-Massage, Hautpflege und Fitnesstraining abchecken. Meistens ergibt sich wenig Freiraum für einen zusätzlichen Termin. 
Aber Freitags-Abends könnte es eventuell klappen, wenn er nicht samstagsmorgens Besuch von der Schwiegermutter, dem Enkel oder dem Urenkel bekommt oder nicht doch noch den Rasen schneiden muß, weil es am Donnerstag nicht hingehauen hat.
Das mag jetzt erstmal etwas verwirrend dargestellt sein, aber es trifft die Grundaussage : „Rentner haben keine Zeit „.
So ist es auch mir heute mal wieder ergangen. Ich wurde in allen Situationen des heutigen Tages von meiner eigenen Zeit überholt. Das hört sich unheimlich kompliziert an ist aber um so einfacher, wenn man sich darauf einlässt.
Heute morgen bin ich aufgestanden….alles wie immer. 
Ich habe geduscht und gefrühstückt……….alles wie immer.
Habe die Wohnung ein bisschen auf Vordermann gebracht………mehr als gestern.
Die Fingernägel habe ich mir geschnitten und gereinigt…….das passiert in unregelmäßigen Abständen.
Die Klo-Papier-Rolle im Reservebereich erneuert…..je mehr Scheiße auf der Welt ist, desto öfters muß man die Rolle wechseln .
Mit dem Rad in die Stadt gefahren…. wie immer.
Bei Rot an der Ampel gehalten…….allein aus Sicherheitsgründen und um mit guten Beispiel voranzugehen.
Die Rentner-Rollator-Fahrerin sah in mir ein kein gutes Beispiel. Sie hielt mit vollem Tempo,  auch bei Roter Ampel, voll auf dem Überweg drauf und hat überlebt. 
Einkaufen gewesen. Die Preise für bestimmte Produkte hatten sich kaum verändert. Auch die Petersilie war genau so grün wie gestern.
Mal sehen ob sich die Farbe der grünen Paprika bis morgen verändert.
Ich frage mich, ob ich glücklich im heutigen Tag geendet bin. Ich denke ja, und doch kommen mir ab und zu Zweifel. 
Ich liebe das Leben und die Veränderung und doch fühle ich mich in der Gewohnheit und Normalität sicher und wohl.
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Rentnertage 11.10.18
Heute Morgen bin ich aufgewacht und war sogleich in einer Entscheidungskrise. Ich glaube, viele meiner Mitmenschen können diese Art von Unentschlossenheit nachvollziehen und machen sich die gleichen Gedanken.
Heute ging es um Hygiene. Ich hatte um 10.00 Uhr einen Termin zum Tennis-Spielen. So von 10 Uhr bis 12 Uhr. Mit Sicherheit würde ich viel laufen und sicherlich auch schwitzen. Das schöne daran ist, anschließend auch noch duschen zu können.
Aber wenn ich um 8.00 Uhr aufstehe, meine Rentner-Knochen nur ganz langsam in Bewegung kommen,weil sie die Wärme der Bettdecke vermissen, stehe ich echt vor dieser oben genannten Entscheidungskrise.
Gehe ich unter die Dusche, oder wasche ich mich nur so halb vor ganz.
Das gibt es dann die Vor- und Nachteile. Meine Haut wird durch zu häufiges Duschen ausgetrocknet, altert schneller und ich verliere an Attraktivität (für wen auch immer). Der Wasserverbrauch in meinem Haus steigt und die CO2 Bilanz meines Hauses liegt nicht mehr in den Richtlinien, die Optionen auf einen hohen Verkaufspreis zulassen.
Ich müsste doch zweimal an diesem Tag die Wäsche wechseln?
Wenn ich mir jetzt nur ein bisschen Wasser ins Gesicht spritze, die Zähne putze und die Hände wasche, leidet meine Haut nicht mehr so groß unter Austrocknungstendenzen. Ich kann mir nach dem Tennis mit anschließenden Duschen eine frische Unterhose und ein frisches Unterhemd anziehen und fühle mich dann vollkommen runderneuert.
Die Unterwäsche von gestern ziehe ich jetzt noch mal kurz an und spiele damit die Tennisstunden durch. Das wird keiner merken, oder mir übel nehmen. Ich erinnere mich an Tage in meiner Kindheit, an denen wir nur einmal in der Woche am wöchentlichen Badesamstag die Unterwäsche gewechselt haben. Was würde das also meine Tenniskollegen heute morgen für Unannehmlichkeiten bereiten? Keine!
Aber ich kann mich mal wieder nicht entscheiden. Ich müsste ja auch noch meine Füße mit Schaum einbalsamieren, meine Nägel am Fuß mit einen Anti-Fußpliz-Saft einbalsamieren und außerdem mache ich ja auch jeden Morgen die Dusche noch so ein bißchen sauber.
Wenn ich nur die Katzenwäsche mache, brauche ich das nicht.
So sitze ich am Frühstückstisch vor meinem Müsli und überlege, was zu tun ist. Was ist in meinem Sinne, und was ist die Erfüllung eines Tagesstartes beim Rentner, der willens und in der Lage, ist sich morgens ab 10 Uhr zu bewegen.
Na, ja ich brauche ja auch noch 10- 15 Minuten bis zur Tennis-Halle. Es ist gerade mal 8.00 Uhr, bei Katzenwäsche und so könnte ich mich doch glatt noch einmal 30 Minuten hinlegen und über die gesamte Problematik nachdenken?
Oder?
Manchmal ist das Bett näher, als ich je zu glauben gewagt habe. An anderen Tagen würde ich ja am liebsten noch vor 8.00 Uhr eine Runde Laufen gehen oder von meiner Terrasse aus den Morgen begrüßen. Leider geht die Sonne an der Haustürseite auf und meine Laufstrecke ist jeden Morgen so voll, dass ich mich frage ob ich mich weiterhin den Stau – Situationen auf der Autobahn, aus meinem Berufsleben, aussetzen soll?
Heute Morgen habe ich noch eine halbe Stunde im Bett gelegen und habe nach meinen Tennis-Spiel lange heiß geduscht.
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Rentnertage 10.10.18
Heute war vom Endiviensalat noch eine zweite Lage übrig. Wir hatten gestern nicht alles essen können.
Damit hatte sich für mich das Problem der Beilage zum Essen für heute erledigt.
Die Stimmung in mir war relativ gelassen, da ich eine vollkommen freien Tag vor mir hatte. Ich mußte nicht Tennis spielen, bei einem meiner Enkel die Windel wechseln und war nach dem Morgenrundgang durch  das Haus mit Wischmop und Eimer vollkommen entspannt, bei meiner zweiten Tasse Kaffee und den Pillen für meine Immun-Abwehr (Antioxidantien).
Die Nachrichten des heutigen Tages hatten mich nicht schockiert und ich dudelte in meinen Gedanken zu den fernen Ufern der Phantasie.
Was konnte ich aus Watte-Stäbchen basteln und wie würde ich zum „Sankt-Martins-Fest“ unser Haus beleuchten? 
Außerdem stellte ich mir die Frage, warum es draußen im Oktober immer noch so warm war?
Ich hatte also viel Zeit und dachte mir, meine Herdplatten, die ich ja fast jeden Tag zum Kochen benutzte, brauchen heute einer besonderen Pflege. Wir haben da so ein Ceranfeld, das ab und an eine kleine Politur vertragen kann.
Also nichts wie hin und die Politur herausgesucht, die Reinigungsanleitung gelesen und fröhlich die Politur auf das Glasfeld verteilt. Würde es die paar Kratzer spurlos beseitigen? Ich überlegte ob mir so eine Politur auch guttun würde? Mich einmal ganz einreiben, den Schmutz von meiner Seele entfernen und im neuen Glanz mich der Umwelt präsentieren. Mit so einer Politur wäre das eine ganz einfache Lösung.
Doch der Glanz des Moments sollte nicht über die wahren Übel hinwegsehen lassen. Unsere Herdplatte aus Glas hatten schon eine Menge Kratzer, die sich auch bei einer noch so heftigen Politur nicht ausbügeln lassen wollten. Die Kratzer glänzten zwar heftiger als zuvor und waren deutlicher zu sehen, aber weg waren sie nicht.
Das ist wie im echtem Leben. Ich bekomme ein paar echte Probleme, die ich mit Politur von meiner Seele versuche wegzureiben. Aber die, die mich kennen, können die Kratzer deutlich sehen.
So geht es mir auch heute bei meiner Herdplatte. Alles ist schön, glänzt, ist poliert und strahlt mir entgegen. Aber die Kratzer sind für mich immer noch deutlich zu sehen. Das ist auch richtig so, denke ich, nehme nochmal einen Wattebausch und drücke ganz feste in kreisenden Bewegungen über mein Ceran-Feld. Es glänzt mir mit all seinen Fehlern ins Gesicht.
Meine Seele hat auch einer ganze Menge Kratzer abbekommen, aber ich liebe sie trotzdem und kann mit all ihren Fehlern leben. Sie ist einfach so ein Stück von mir, das in die Jahre gekommen ist. Echt, aber unverwüstlich. So denke ich in mir, zweifele an mir und empfinde in mir. Manchmal ist dann im mir alles kalt.
Aber ich weiß auch, daß ich nur den Strom in mir anschalten muß, wie bei einem Ceran-Feld und alles wird heiß und verströmt eine Energie, die Kartoffelwasser zum kochen bringen kann.
Ich glaube ich mache zum Rest vom Endivien-Salat, Kartoffelpüree.
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Rentnertage 09.10.2018

Heute habe ich was geschenkt bekommen. Einen Endiviensalat, von meinem Nachbarn. Ein echt regionales Produkt, mit Sicherheit Bio und der Salat kennt sogar seinen Anbauer und Pfleger. Biologischer geht es fast kaum noch.
Ich bin dankbar für den Salat und den Nachbarn. Der Salat lag vor meiner Haustür und hatte als Untergrund eine Zeitung, die ich leider nicht mehr lesen konnte, da die Feuchtigkeit des Herbstmorgens in das Papier gezogen war. Den Salat habe ich dann ich die Küche getragen und musste dann allerdings meine bereits festliegenden Kochpläne für den heutigen Tag komplett umstellen.
Für einen flexibel denkenden Menschen wie mich war das überhaupt kein Problem.
Jetzt überlege ich, was so ein Endivien-Salat noch für Potenzial für eine Geschichte hat.
Er ist grün und Grün ist die Farbe der Hoffnung. Er hat herzförmige Blätter, die eine Verbindung zur Liebe darstellen könnten, und er schmeckt bitter (wie manchmal die Liebe auch).
Aber das ist jetzt echt kein Aufhänger für den ganzen Tag! Es ist einfach  nur eine schwache Verbindung vom Salat zur Hoffnung oder zur Liebe. 
Selbst, als ich in der Küche nochmal genau auf das Gewächs schaue, passiert in mir drin gefühlsmäßig nichts Besonderes.
Heute ist auch nicht der Tag für Besonderheiten, heute ist ein normaler Dienstag, der sich anschickt, am Nachmittag warm zu werden, und selbst jetzt am frühen Morgen blendet die Sonne meine Wahrnehmung und somit auch die Sicht des vor mir liegenden Salates.
Wenn ich eine Schnecke wäre, würde mir wahrscheinlich schon das Wasser im Mund zusammen laufen. Oder würden mich die Bitterstoffe abschrecken,  und
ich als Schnecke müßte einen großen Bogen um den Salat machen? Das würde dann für mich einen nicht unerheblichen Zeitverlust bedeuten und wahrscheinlich käme ich zu spät zu meiner Verabredung?
Hatte ich eine? War ich eine Schnecke und kroch um einen Endiviensalat,  den ein Bio-Hobby-Gärtner liebevoll gepflanzt und gepflegt hatte? 
Nein, ich sah nur das Ergebnis und hatte vor, in der Stadt für diesen Salat Zusatzstoffe zu kaufen. Wie zum Beispiel Fleisch, Blutwurst, Kartoffel oder Zwiebeln, um daraus ein Menü zu kreieren.
Die Endivie zählt als Pflanze zu den Wegwarten (Google). Was immer das ist.
Mir fallen dazu nur Leute ein, die auf die Straße aufpassen oder die Wege warten. Also kehren, im Herbst Laub entfernen und im Winter Schnee schaufeln. Weg-Warte, wie Turn-Warte.
Endivienen-Salat als biologisches Geschenk. Eine echte Hammernummer.
Ich überlegte ob ich dies in meiner Steuererklärung für 2018 aufführen müßte.
Außerdem war für nicht dann nicht klar, wie hoch der geldwerte Vorteil war?
Hatte mein Nachbar eine Steuer-Nummer? Würde er sie mir angeben? Wie teuer wird Edivien-Salat zur Zeit gehandelt?
Fragen über Fragen, mit denen ich jetzt den ganzen Tag zu tun hatte. Ich setzte mich an meinen PC und googelte Rezepte, die Steuer-Nummer meines Nachbarn und den derzeitigen Handelspreis für Endiven-Salat.
Gott sei Dank waren die Rezepte sehr umfangreich, der Handelspreis sehr gering und fiel deshalb unter die zu meldenden Geschenke oder Zuwendungen.
Jetzt kann ich meinem Nachbarn echt dankbar sein.
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